Für wen sind Zahnimplantate nicht geeignet?
Implantate werden immer beliebter. Aufgrund der im Vergleich zu klassischen Brücken oder Kronen jedoch vergleichsweise jungen Methode des Zahnersatzes ist bei den Interessierten noch eine großes Unsicherheit im Hinblick auf mögliche Gegenanzeigen vorhanden. Bei welchen Grunderkrankungen können keine Implantate eingesetzt werden und gibt es auch anatomische Hindernisse? Stimmt es, dass sich Rauchen und Implantate schlecht vertragen? Der folgende Überblick informiert darüber, welche unterschielichenKontraindikationen beim geplanten Verpflanzen von Zahnimplantaten einkalkuliert werden müssen.
Vier Basics zum Beachten
Wer sich für die modernen Zahnimplantate interessiert, bespricht seine persönlichen Voraussetzungen am besten sowohl mit seinem behandelnden Zahnarzt beziehungsweise einem auf Implantate spezialisierten Mediziner als auch mit mit seinem Hausarzt oder Internisten. Tatsächlich ist es so, dass die meisten Kontraindikationen bei Zahnimplantaten in den beiden großen Gruppen der allgemeinen Gesundheit und der speziellen Voraussetzungen im Mund- und Kieferbereich des Patienten angesiedelt sind. Eventuelles Rauchen und auch möglicherweise nicht erfüllbare ästhetische Ansprüche des Patienten an die Implantate sind die beiden anderen Faktoren, die bei der Abwägung des Einsetzens von Zahnimplantaten berücksichtigt werden müssen.
Allgemeinzustand und Vorerkrankungen
Auf die problemlose Einsetzbarkeit, das optimale Anpassen des Implantates in seine Umgebung und das unkomplizierte Ausheilen der Wunde haben sowohl Grunderkrankungen des Patienten als auch Medikamente, die er regelmäßig nimmt, einen entscheidenden Einfluss. Oft kommt es dabei auf die Schwere der Erkrankung beziehungsweise die eingenommene Medikamentendosis an, sodass die Grundlage für eine Entscheidung für oder gegen ein Zahnimplantat immer das individuelle Gespräch zwischen Arzt und Patient sein muss.
Kontraindikationen sind in vielen Fällen schwere Erkrankungen im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems, bei denen die Belastungen durch die Behandlungen rund um das Einsetzen des Implantates bereits ein Risiko darstellen können. Auch Krankheitsbilder im Bereich des Blutes – vor allem eine erhöhte Blutungsneigung beziehungsweise Störungen im Bereich der Blutgerinnung – sowie des Stoffwechsels wie Leber- oder Nierenerkrankungen oder ein Diabetes mellitus, der nicht oder nur ungenügend eingestellt ist, machen Zahnimplantate oft unmöglich oder zu einem schwer kalkulierbaren Risiko.
Manchmal sind es gar nicht die Erkrankungen selbst, die eine Kontraindikation für Implantate darstellen, sondern Medikamente, die gegen die entsprechenden Krankheiten eingenommen werden müssen. In diesem Zusammenhang sind vor allem Wirkstoffe relevant, die bewusst die Leistung des Immunsystems herabsetzen, wie das bei einer Behandlung mit Zytostatika oder Cortison der Fall sein kann. Auch Präparate wie Marcumar, die die Blutgerinnung hemmen, gehören zu den Gegenanzeigen, wenn sie aufgrund der Schwere der Grunderkrankung nicht für einen ausreichenden Zeitraum abgesetzt werden können.
Ein besonderes Augenmerk muss vor allem auch auf Wirkstoffe gelegt werden, die den Knochenstoffwechsel beeinflussen. Hierzu gehören unter anderem die sogenannten Biophosphonate. Grundvoraussetzung für die problemlose Integration des Implantats im Kieferknochen sind nämlich besonders auch eine gute Knochenstruktur und ein gesunder Stoffwechsel in diesem Bereich. Aus diesem Grund können auch Krankheiten der Knochen und des Bindegewebes – je nach Ausgeprägtheit – gegen das Einsetzen eines Implantates sprechen. Vor allem bei Osteoporose und Rheuma muss der Nutzen mit dem Risiko, dass das Implantat nicht stabil verankert werden kann, sorgfältig abgewogen werden.
Titan – Risiken durch Metallzusätze
Titan ist das Mittel der Wahl, wenn es um die Herstellung von Zahnimplantaten geht. Das Material ist bestechend stabil und haltbar und punktet durch eine ausgezeichnete biologische Verträglichkeit. Allergien und Unverträglichkeiten rund um Zahnimplantate kommen meist durch in geringen Mengen beigemischte Materialien wie Zinn und Nickel zustande, die über die Diffusion in den Knochen gelangen. Unverträglichkeiten auf diesem Gebiet stellen heute aber nur noch in seltenen Fällen und bei schweren Reaktionen eine Kontraindikation dar. Möglichkeiten, die Symptome zu umgehen, sind zum einen die Beschichtung der Titanimplantate mit Keramik, zum anderen die noch relativ neu auf dem Markt befindlichen Keramikimplantate.
Psyche muss mitspielen
Was viele Patienten nicht bedenken: Auch eine stabile psychische Verfassung kann zum erfolgreiche Einsetzen eines Implantates beitragen – oder es auch ausschließen. Wichtig ist vor allem, dass der Patient die Verhaltensregeln nach dem Eingriff beachten kann, damit sich das Implantat bestmöglich im Knochen integriert. Viele Dinge davon, wie etwa das Schonen des jeweiligen Gebietes beim Essen, können bewusst gesteuert werden. Schwieriger wird es, wenn jemand aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer aktuell belastenden Situation von massivem nächtlichen Zähneknirschen betroffen ist. Selbstverständlich muss der Patient auch in der Lage sein, alle wichtigen Verhaltensweisen rund um den Eingriff wie den Verzicht auf Alkohol und Nikotin, das entsprechende Wundmanagement und das Wahrnehmen erforderlicher Kontrolltermine beim Arzt einzuhalten.
Knochen & Co. – lokal bedingte Kontraindikationen
Oft sind es nicht allgemeinmedizinische Tatsachen, die Gegenanzeigen für Zahnimplantate sind, sondern die Situation im Mund- und Kieferbereich des Patienten selbst. Das können zum einen anatomische Gegebenheiten sein, die Implantate unmöglich oder zumindest sehr schwierig machen. Zum anderen können es aber auch Funktionsstörungen oder Krankheiten im Mund-Kiefer-Bereich sein, durch die ein Zahnimplantat kontraindiziert sein kann. Dennoch gibt es eine gute Nachricht für alle Betroffenen: Moderne Techniken, zum Beispiel im Hinblick auf den gezielten Aufbau einer mangelhaften Knochenstruktur, ermöglichen häufig – nach erfolgreicher Behandlung – das spätere Einsetzen eines Zahnimplantates. In allen Fällen, in denen der Zustand des Patienten im Mund und Kiefer jedoch Schwierigkeiten im Hinblick auf das erfolgreiche Einsetzen beziehungsweise das feste und dauerhafte Integrieren des Implantates vermuten lässt, sind ausführliche Aufklärungsgespräche sowie eine detaillierte Diagnostik zwingend notwendig.
Knochenstruktur im Fokus
Zu den wichtigsten örtlichen Gründen, die eine Implantatbehandlung unmöglich machen oder in ihrer Erfolgaussicht stark einschränken können, gehört ein ungenügendes Knochenangebot im betreffenden Kieferbereich. Heute gibt es jedoch erfolgreiche Methoden, den Knochen gezielt aufzubauen, um das gewünschte Implantat später doch noch einsetzen zu können. Das Gleiche gilt, wenn die Qualität des Kieferknochens nicht ausreichend ist. Hier gibt es entweder die Möglichkeit, den Knochen gezielt zu verdichten, oder aber eine spezielle Implantationstechnik anzuwenden, die das bestehende Defizit bestmöglich ausgleicht.
Reine Nervensache
Manchmal verlaufen ausgerechnet in der Nähe der gewünschten Implantationsstelle Nervenbahnen oder die Wurzeln der benachbarten Zähne. Hier kann nur der Mediziner nach sorgfältiger bildgebender Diagnostik abwägen, ob die komplizierte Ausgangssituation und seine Erfahrung auf dem Gebiet der Implantationstechniken das Risiko des Eingriffs rechtfertigen. Oft empfiehlt es sich in diesen Fällen auch, dass sich der Patient eine Zweitmeinung einholt.
Vorsicht bei Krankheiten und Schmerzen
Je gesünder sich die Situation im Mund-Kiefer-Bereich des Patienten darstellt, umso größer sind die Erfolgsaussichten für ein funktionsfähiges und langlebiges Implantat. Lokale Vorerkrankungen – nicht nur in Bezug auf die Zahngesundheit, sondern auch was beispielsweise den Zustand der Mundschleimhaut angeht – sind eine relative Kontraindikation: Das bedeutet konkret, diese Dinge müssen erst erfolgreich behandelt werden, bevor es an die egentliche Implantation geht. Wer mit den Zähnen knirscht, muss sich vor dem Einsetzen eines Zahnimplantates möglicherweise erst einer Therapie mit einer individuell angepassten Bissschiene unterziehen.
Den Biss kontrollieren
Nicht selten ist es auch der Biss des Patienten, der eine Kontraindikation darstellt – zumindest bis zum Zeitpunkt einer erfolgreich abgeschlossenen Behandlung. Ein Beispiel für eine solche Maßnahme ist beispielsweise die anatomisch begrenzende Situation, dass die individuellen Bissverhältnisse beim Patienten der benötigten Krone keinen Platz lassen. Hier gibt es jedoch zahnmedizinische beziehungsweise kieferchirurgische Maßnahmen wie das Abtragen von Knochenmasse, die die Situation so verbessern, dass sie das spätere Einsetzen eines Zahnimplantates doch noch möglich machen.
Immer wieder wird auch von jungen Patienten der Wunsch nach Zahnimplantaten geäußert. Hier muss der Mediziner den individuellen Knochenstatus des einzelnen Patienten ganz genau untersuchen: Ein noch nicht abgeschlossenes Knochenwachstum gilt als absolute Kontraindikation, da hier eine erfolgreiche Implantation kaum gewährleistet werden kann. Hier gibt es nur eine einzige sinnvolle Lösung: mit dem Einsetzen des Implantates zu warten, bis stabile Verhältnisse sichergestellt sind.
Rauchfreie Zone
Die Frage, ob Rauchen für die erfolgreiche Setzung von Implantaten eine Kontraindikation darstellt, ist sowohl im wissenschaftlichen Bereich, als auch bei Medizinern und selbst bei Patienten ein heiß diskutiertes Thema. Tatsächlich ist es regelmäßige Praxis, dass Implantologen in ihrer Anamnese den Patienten auch nach dem Nikotin fragen und Raucher von bestimmten Aspekten der Gewährleistung im Hinblick auf das richtige Einwachsen beziehungsweise die langfristige Funktionsfähigkeit des Implantats aussschließen. Bei betroffenen Patienten führt diese verständliche Vorgehensweise nicht selten zu Verärgerung und der – nicht immer einfachen – Suche nach einem Behandler, der auch Rauchern die komplette Garantie gibt.
Eindeutige Studienlage
Tatsächlich belegen einschlägige Untersuchungen, die man in der Literatur findet, dass Rauchen negative Einflüsse auf den Erfolg von Implantaten haben kann, aber nicht muss. Dies gilt sowohl für die kurzfristige Betrachtung in der Zeit nach dem Eingriff als auch für die längere Haltbarkeit. Die Ossointegration, das Einheilen des Zahnpimplantates in den Kieferknochen ist bei Rauchern im Vergleich zu Nichtrauchern etwa um ein Vierfaches schlechter. Rauchen ist darüber hinaus ein ungünstiger Faktor, was die vom Körper selbst durchgeführten Reparaturprozesse angeht: Aus diesem Grund sind die Ergebnisse der Implantatologie auch bei längerfristiger Sichtweise nicht so gut wie bei Patienten, die ohne Zigarette & Co. leben. Da das Einsetzen von Zahnimplantaten jedoch generell mit einer überzeugenden Erfolgsaussicht, die nahe an die 100 Prozent heranreicht, daherkommt, sind die Unterschiede zwischen Rauchern und Nichtrauchern effektiv sehr gering.
Zunächst wird der Mediziner genauer nachfragen, wie hoch der tatsächliche Nikotinabusus seines Patienten ist, da natürlich auch die Menge ein ganz entscheidender Progonosefaktor sein kann. Anschließend ist es ein guter Kompromiss, wenigstens die Zeit direkt nach der Implantation – eventuell mithilfe von geeigneten Behandlungsformen – möglichst rauchfrei zu halten und anschließend vielleicht mit einer deutlich reduzierten Nikotinmenge zu leben. Oder natürlich die Freunde über ein perfekt sitzendes Implantat zum Anlass für eine unter Umständen professionell unterstützte Raucherentwöhnung zu nehmen.
Ästhetik auf dem Prüfstand
Selbstverständlich wünscht sich jeder Patient, der einen Fachmann für Implantologie aufsucht, neben einem einwandfreien funktionellen auch ein überzeugendes ästhetisches Ergebnis. Immer wieder kommt es jedoch vor, dass sich die Vorstellungen des Patienten nicht mit der tatsächlichen Machbarkeit decken und der Patient diese Diskrepanz zudem nicht einsehen kann oder möchte. Auch eine solche Konstellation werten manche Mediziner als Kontraindikation und lehnen solche Aufträge ab. Zum einen, um den Patienten vor wahrscheinlichen Enttäuschungen zu bewahren, zum anderen, um sich selbst ein unangenehmes Regressverfahren zu ersparen.